Möglichkeit der Datenwiederherstellung

Grundsätzliche Gedanken

Bei Eintritt eines Störfalls sollte nach dem Prinzip verfahren werden: Ruhe bewahren, jede Hektik vermeiden, Kopf einschalten, sich informieren, dann alles unverzüglich in Sicherheit bringen, was noch in Sicherheit zu bringen ist, erst dann mit Versuchen starten (siehe Anhang "Sofortmaßnahmen).

Ob dies die Erstellung einer aktuellen (viel-leicht letzten) Bandsicherung sein mag - auf einem nur noch mit Störungen laufenden System - oder die Übertragung von Daten auf eine andere Fest- oder Wechselplatteneinheit (physisch oder logisch). Erst dann sollte das System für weitere "Versuche" bzw. Instandsetzungen genutzt werden. Zur Unterstützung des Entscheidungsprozesses erstellte ich bereits vor langer Zeit eine Kreuztabelle um erkenn- und wahrnehmbare "Signale" zu interpretieren (siehe Anhang "Kreuztabelle, Ursache u. Wirkung")

Wiedererfassung aus Urbeleg

Der Begriff des "Urbeleges" findet sich immer noch in nahezu jedem Versicherungsvertrag im Bereich Elektronik und Daten: "Abweichend von §9 ABE ersetzt der Versi-cherer bis zu der im Versicherungsvertrag je Position genannten Versicherungssumme die notwendigen Kosten für die Wiederbeschaffung und Wiedereingabe der Daten, höchstens jedoch für die manuelle Wiedereingabe aus Urbelegen bzw. damit vergleichbaren Unterlagen...".

Der hier angesprochene "Urbeleg" (Lieferschein, Rechnungskopie, Korrespondenz, Pläne) ist bei heutiger IT-Lösung (Informationstechnik) immer seltener zu finden, er wich der rein elektronischen Verarbeitung und Archivierung. Mit dem "klassischen Urbeleg" vergleichbare Unterlagen", wie z.B. Mikrofitches o.ä., sind ebenfalls immer seltener anzutreffen. Die "Sache" - "Urbeleg-" weicht mithin dem "magnetischen Feld", das nach geltender Rechtsprechung nicht unter den "Sachbegriff" fällt, vergleichbar dem elektrischen Feld. Die Tendenzen verstärken sich zu-nehmend, Computerdaten dem Sachbegriff zu unterstellen.

Wiederherstellung aus Datensicherung

Diese Form der Wiederherstellung ist die klassische Form und die, die als Regellösung bei gewerblicher Datenverarbeitung zu Grunde zu legen ist. Vorausgesetzt wird, daß vor dem Ereignis eine regelmäßige, umfassende und geprüfte Datensicherung erfolgte. Das schadhafte System muß gegebenenfalls ersetzt werden, Festplatten sind neu zu formatieren, einzurichten, ggfs. muß eine Grundeinrichtung des jeweiligen Betriebssystems erfolgen, dann folgt die Einrichtung der Backupsoftware. Hiernach kann eine Rücksicherung durchgeführt werden, einschließlich aller Zugriffs-und Nutzungsrechte, der Anwendungsprogramme mit ihren spezifischen Anpassungen und den Anwendungsdaten. Je nach Umfang des Datenmaterials und der benutzten Hardware kann eine entsprechende Aktion in wenigen Stunden bzw. einem Tag abgeschlossen sein.

Sofern eine "ordentliche Datensicherung" erfolgte, kann der Datenverlust in der Regel auf maximal 1 Arbeitstag beschränkt werden. Dieser ist nach bisheriger Erfahrung in der Regel noch "nachholbar" auch wenn bereits viele Daten beleglos verarbeitet werden, mithin Recherchen aufwendig sind.

Wiederherstellung durch Wartungs-und Recoveryunternehmen 
Hilfe durch Wartungsgeber, Systembetreuer, EDV-Händler

Unterdessen ist auch mancher Wartungsgeber über die Möglichkeiten von Recoveryunternehmen informiert und vermittelt entsprechende Lösungen, bzw. bietet sie unter eigenem Namen an. In solchen Fällen sollte der betroffene Anwender sorgsam hinterfragen, oder er wird im schlimmsten Fall teuer bezahlen. Als marktüblich hat sich unter dessen eingebürgert, daß Recoveryunternehmen Vermittlern bis zu 30% Rabatt gewähren, die Vermittler - nicht selten - zusätzlich auf den von dem Recoveryunternehmen ausgewiesenen Preis nochmals 100% oder mehr aufschlagen, und dies als Regiekosten geltend machen.

In Einzelfällen lag die Beaufschlagung nachweisbar bei über 1000%.

Wiederherstellung durch Recoveryunternehmen

Bereits seit vielen Jahren existieren am internationalen Markt Unternehmen die Datenrettung als professionelle Dienstleistung anbieten. Die namhaftesten Unternehmen, IBAS Laborities (Norwegen), NL Deutsch-land, Ontrack Inc. (USA), NL England und Deutschland), Vogon (England), NL Deutschland, Convar, Pirmasens 
MSS-MEDIA J. Kupfrian (Deutschland)
.

542p1

Diese Unternehmen verfügen durchgehend über hochwertige Ausstattung, wozu zwingend auch Reinräume oder vergleichbare Einrichtungen zählen. Nur dort kann eine risikolosere Öffnung von Festplatteneinheiten und ähnlichen Medien erfolgen.

Hinsichtlich der Leistungsstärken unterscheiden sich diese Unternehmen, die Firma IBAS legte besonderen Wert auf die Anwendung und Weiterentwicklung eines analogen Ausleseverfahrens, mit dessen Hilfe auch Daten ausgelesen werden können, die mehrfach überschrieben und gelöscht wurden, Vogon präsentiert sich mit Angeboten zur Beweissicherung durch die Entwicklung besonderer Datensicherungskonzepte. Nahezu durchgehend werden Recoverymaßnahmen in der Weise durchgeführt, daß zu-nächst eine sogenannte Voranalyse erfolgt, in der die Chancen einer Wiederherstellung ermittelt werden können. Dies beinhaltet sowohl erste physische wie logische Instandsetzungsmaßnahmen (siehe hierzu anlie-gende Unterlagen "Arbeitsschritte zur Datenwiederherstellung).

Anschließend erhält der Anwender einen Statusbericht mit unterschiedlich ausführlicher Darstellung der Sachzusammenhänge, der Aussichten für die Durchführung einer Datenwiederherstellungsmaßnahme und deren Kosten. Die von den einzelnen Unternehmen veröffentlichten Erfolgsquoten von Datarecovery schwanken zwischen über 95% bis zu 70%. Solche Werte sollten kritisch bewertet werden. Werden beispielsweise alle Datenträger mit in die Statistik aufgenommen, bei denen ein Recovery ausscheidet, da das Medium fast nur noch Trägermaterial aufweist (ca. 5% aller Fälle) oder ca. 20% der Fälle in denen so starke substantielle Schäden vorliegen, daß im besten Fall nur noch Datenfragmente wiederhergestellt werden können, verlieren o.a. Zahlen an Substanz.

Neben ein Recovery unter Laborbedingungen treten zunehmend Versuche entsprechende Leistungen "ONLINE" anzu-bieten. Das Recoveryunternehmen erhält von dem Auftraggeber die Möglichkeit sich in sein System einzuloggen, es folgen Tests und wenn möglich Instandsetzungsmaßnahmen.

Zweifelsohne besteht der Verbraucher-wunsch nach entsprechenden Leistungen, jedoch werden erhebliche Risiken wenig oder nicht diskutiert. Ggfs. müssen Umbaumaßnahmen an dem entsprechenden System erfolgen. Der Status des betroffenen Datenträgers ist vor Start von Maßnahmen unbekannt. Sollte die Störung durch physische Probleme bedingt sein wird ein derartiger Wiederherstellungsversuch geeignet sein, die Problemsituation zu verschärfen, ein erfolgreiches Recovery verteuern ggfs. ausschließen.

Kosten der Datenwiederherstellungsmaßnahmen

Zweifelsfrei ist die Rücksicherung von Daten aus einer einwandfreien Datensicherung der günstigste Weg einer Wiederherstellung. Zu berücksichtigen ist, daß je nach Betriebssystem und Datensicherungssoftware zunächst eine erneute Grundeinrichtung des Systems erfolgen muß, d. h. das jeweilige Betriebssystem muß installiert werden, dann die jeweilige Datensicherungssoftware, um dann eine vollständige Rückübertragung vorzunehmen. Die Qualität der eingesetzten Datensicherungssoftware kann hier zeitlich beschleunigend oder dämpfend wirken. Der einzukalkulierende Zeitrahmen liegt zwischen mehreren Stunden bis hin zu ca. 1 Tag, bis eine umfassende Nutzungsmöglichkeit gegeben ist.

Recoverymaßnahmen durch die o.a. Spezialunternehmen werden in der Weise abgerechnet, daß die zwei Phasen der Bearbeitung getrennt abgerechnet werden.

Die Analysephase wird in der Regel im Standardtarif mit Preisen zwischen DM 280,00 und DM 650,00/pro Datenträger abgewickelt, wobei hier eine Bearbeitungszeit innerhalb von 2 Tagen zu Grunde gelegt wird. Schnellere Abwicklungsformen werden z.T. mit erheblichen Aufschlägen versehen. Die Abwicklung einer Voranalyse an einem Wochenende oder Feiertag kann durchaus mit Kosten bis zu DM 3.000,00/pro Datenträger verbunden sein. Die Kosten weitergehender Maßnahmen sind nur im Einzelfall abschätzbar, sie liegen in einem marktüblichen Mittel zwischen DM 2.500,00 und DM 3.500,00. Sofern der Schwierigkeitsgrad eines Recovery ein leichtes mittleres Niveau überschreitet werden hier Kosten anlaufen die schnell einen Bereich von DM 6.000,-- bis DM 10.000,--/pro Datenträger erreichen und überschreiten.

Als zweifelsfrei aufwendigste Wiederherstellungsmethode ist die manuelle Erfassung zu betrachten auf der Grundlage, daß die wiedereinzugebenden Daten zuerst recherchiert werden müssen, da keine durchgehende Dokumentation vorliegt. Die zu beobachtende Entwicklung am Markt führt eindeutig hin zu einer beleglosen Datenverarbeitung, somit kann im Datenverlustfall zunehmend nicht mehr auf einen Urbeleg oder eine vergleichbare Vorlage zurückgegriffen werden. Die Kosten derartiger Wiederherstellungsmaßnahmen können bereits bei kleinen Unternehmen schnell Dimensionen von mehren DM 100.000,-- erreichen.

Verbindliche und zuverlässige Hilfswerte sind für die Kalkulation von Datenrekonstruktionsaufwendungen nicht oder nur unzureichend dokumentiert. Veröffentlicht wurden hier schwerpunktmäßig Werte von Unternehmen, die sich in besonderer Weise auf dem Markt von Backupsystemen bzw. Backupmedien betätigen, wie z.B. 3M oder Tandberg

Beispielhaft aus der Praxis wäre zu benennen ein Steuerberaterbüro mit 10 Mitarbeitern, die einen Verlust von Daten aus 3 Monaten erlitten. Dies obwohl mit einem Backup-Server gearbeitet wurde und eine tägliche Datensicherung vorgenommen wurde. Alle Sicherungsmechanismen hatten versagt. Der nachvollziehbar kalkulatorische Aufwand der Wiederherstellung belief sich auf DM 600.000,00. Ein Ingenieurbüro mit 8 Mitarbeitern erleidet einen Teilverlust von Daten nachdem das Kind eines Mitarbeiters umfassende Datenveränderungen und Löschungen bewirkte. Verloren gingen vor allem CAD-Zeichnungen aus kritischen Anwendungen im EX-Bereich, eine angemessene Datensicherung lag nicht vor. Der Wiederherstellungsaufwand wurde durch den Anspruchsteller mit DM 1,5 Mio. beziffert.

Die durchaus intelligente Frage nach den Kosten der ursprünglichen Erstellung verlorengegangener Daten kann ausschließlich fallbezogen beurteilt werden. Durchaus ist der Fall konstruierbar, wo die ursprüngliche Datenerstellung aufwendiger war. Dies wäre z.B. gegeben, sofern bei dem bereits benannten Fall der XXConsult die Daten aus der Vermessung von Bahnstrecken in Form von Zeichnungen, Meßdatenlisten u.a.m vorliegen. Dann wäre nur eine Neueingabe der Rohdaten erforderlich. Ziehen wir einen anderen Fall heran, ein Telefonmarketingunternehmen, das ausschließlich rechnergestützt arbeitet. Mit Hilfe einer Adressdatenbank werden potentielle Kunden telefonisch ange-sprochen, die Ergebnisse der Gespräche werden direkt in ein System eingegeben. Es kommt zum Datenverlust. Da keine Aufzeichnung verfügbar ist, wer bereits abtelefoniert wurde, mit welchem Ergebnis, müssen alle Adressen zusätzlich erneut abtelefoniert werden. Dies bedeutet vollständige Wiederholung einer bereits erfolgten Aktivität, zusätzlich, oder neben dem normalen Tagesgeschäft.

Die Kosten der Erstellung einer Datenbank können ggfs. nahe Null liegen, während die Kosten der Wiederherstellung der Datenbank nahezu nicht abschätzbar sind.

Beispiel: eine EMAIL-oder Fax-Adressdatenbank. Von allen eingehenden Mails/Faxen wird automatisch die Adresse in eine Datenbank abgespeichert. Diese dient allen weiteren vertrieblichen Aktivitäten. Sie geht verloren. Eine Nacherfassung bedarf hier einer umfassenden Recherche, manueller Neueingabe u.v.a.m..

-------------Was sind Daten "wert"!?

Als Maß des Wertes elektronisch gespeicherter Daten kann auf Grund ansonsten fehlender Informationen in der Regel nur der Wiederherstellungs-bzw. Wiederbeschaffungsaufwand als Hilfswert herangezogen werden.

Für die Ermittlung des Wertes elektronisch gespeicherter Daten bzw. des Wiederbeschaffungsaufwandes sind diesseits keine verbindlichen Schemata bekannt. Im Rahmen einer Beauftragung entwickelte ich bereits vor längerer Zeit ein Modell, das versucht die unterschiedlichen Einflußfaktoren zu berücksichtigen.

Die von einem Anwender noch leicht zu ermittelnde Belegungsquote von Datenspeichern kann hier zwar als Hilfsgröße eingehen, sie ist für eine angemessene Beurteilung des Datenwertes irrelevant, sofern es sich z.B. um eine Ansammlung installierter Standardsoftware handelt. Um eine tragbare Übersicht zu erhalten ist mithin zu eruieren, welchen Anteil am Gesamtspeichervolumen Betriebssysteme, Standardprogramme, Anwendungssoftware usw. ausmachen und in welchem Umfang tatsächlich anwenderspezifische Daten vorliegen.